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LXKULBM

Beyond Material

Ignore the Face Value of Your Pieces

336 Seiten, kartoniert, New in Chess, 1. Auflage 2019

22,95 €
Inkl. MwSt., zzgl. Versandkosten
In order to win a game of chess you very often have to sacrifice material. Gathering the courage to do so while accurately assessing the potential benefits is a real challenge. The big question is always: what’s my compensation?

Generations of chess players grew up with the idea that a sacrifice was correct if the material was swiftly returned, with interest. Almost by reflex, they spent lots of time counting, quantifying the static value of their pieces. But is that really the best way to determine the correctness of a sacrifice?

In this book, Grandmaster Davorin Kuljasevic teaches you how to look beyond the material balance when you evaluate positions. With loads of instructive examples he shows how the actual value of your pieces fluctuates during the game, depending on many non-material factors. Some of those factors are space-related, such as mobility, harmony, outposts, structures, files and diagonals. Other factors are related to time, and to the way the moves unfold: tempo, initiative, a threat, an attack.

Modern chess players need to be able to suppress their need for immediate gratification. In order to gain the upper hand you often have to live with uncertain compensation. With many fascinating examples, Kuljasevic teaches you the essential skill of taking calculated risks. After studying Beyond Material, winning games by sacrificing material will become second nature to you.


Davorin Kuljasevic is an International Grandmaster born in Croatia. He graduated from Texas Tech University and played in USCL 2007 and 2008 for Dallas Destiny, the team that became US champion in both these years. He is an experienced coach and a winner of many tournaments.
Weitere Informationen
EAN 9789056918606
Gewicht 650 g
Hersteller New in Chess
Breite 17 cm
Höhe 23,5 cm
Medium Buch
Erscheinungsjahr 2019
Autor Davorin Kuljasevic
Sprache Englisch
Auflage 1
ISBN-13 978-90-5691-860-6
Seiten 336
Einband kartoniert
006 Explanation of symbols
007 Preface
011 Chapter 1 - Attachment to material
035 Chapter 2 - Relative value of material
066 Test exercises - introduction
067 Test exercises
069 Chapter 3 - Time beats material
135 Test exercises
137 Chapter 4 - Space beats material
198 Test exercises
201 Chapter 5 - Psychology of non-materialism
259 Test exercises
261 Chapter 6 - Is it good to be greedy in chess?
299 Test exercises
301 Chapter 7 - Solutions
331 Index of names
335 Bibliography
336 Author’s biography
Der kroatische Großmeister Davorin Kuljasevic, 33, ist hierzulande noch keine bekannte Größe. Er lebt in den USA und legt mit seinem Erstlingswerk Beyond Material ein Mittelspiellehrbuch vor, das sich von der Masse abhebt. Im Untertitel werden wir aufgefordert, den Wert unserer Figuren zugunsten der Bedeutung von Zeit, Raum und Psychologie nicht etwa geringer als üblich zu gewichten oder zu vernachlässigen, sondern zu ignorieren! Die »Dreifaltigkeit« Material-Raum-Zeit ist uns aus früheren Lehrbüchern ein Begriff, aber die Psychologie als zusätzliche, gleichrangige Komponente bringt einen neuen Aspekt ins Spiel.

»Ich glaube nicht an Psychologie, ich glaube an gute Züge«, wird Bobby Fischer häufig zitiert. Robert Hübner versuchte mit seinem anlässlich der Lasker-Konferenz 2001 gehaltenen Vortrag mit Laskers angeblich »psychologischer Spielweise« aufzuräumen (SCHACH 3/2001, S. 40ff.). Kuljasevics Ansatz ist sicher nicht mit dem Hübners zu vergleichen, aber der Kroate ist der Ansicht, Schach werde immer auch auf einer psychologischen Ebene gespielt. Wir sind Menschen und werden von Emotionen gelenkt, die wir während einer Partie durchleben, argumentiert er. Wir müssen ständig Bewertungen treffen; wie wir Dinge gewichten, hängt von vielen Umständen ab, und diese seien häufig auch psychologischer Natur.

Die neue Spielergeneration habe diesen Umstand und seine Bedeutung erkannt und in ihre professionelle Herangehensweise integriert, etwa bei der Eröffnungsvorbereitung, so der Autor. Heute gilt die Faustregel, den Gegner zu überraschen und ihn mit einem neuen Zug bzw. einer neuen Idee zu konfrontieren, die für den einmaligen Gebrauch gut ist, um dadurch nicht zwingend einen Eröffnungs-, wohl aber einen psychologischen Vorteil zu erlangen.

Doch das Hauptaugenmerk (Beyond Material - dt. jenseits bzw. über das Material hinaus) gilt dem vorherrschenden Materialverständnis, welches es zu überwinden gilt. »Material« ist die Dimensionen im Schach, für die man am einfachsten Bewertungsmaßstäbe anlegen kann; die Figuren kann man nachzählen. Wir neigen dazu, die materielle Bewertung zu überschätzen und sie gleichsam für objektiv zu erachten - doch die »Wahrheit« einer Stellung hängt von vielen dynamischen Faktoren ab, u. a. eben von Zeit, Raum und Psychologie. Deren Bezug zum Material beleuchtet Kuljasevic in den Kapiteln 2 bis 5, nachdem er uns in Kapitel Nr. 1 zunächst unsere Abhängigkeit vom Material vor Augen geführt hat. In Kapitel 6 wird aufgezeigt, dass man manchmal auch (materiell) gierig sein muss, bevor im Abschlusskapitel die Lösungen zu den Aufgaben, die er zu jedem vorgeschalteten Thema gestellt hat, ausführlich besprochen werden.

Rund ein Drittel der Beispiele sind eigenen Partien entnommen. Eine gute Mischung, wie ich finde: nicht zu viel, er stellt sich selbst nicht zu sehr in den Mittelpunkt, aber auch nicht zu wenig, damit der persönliche Bezug - das, was er selbst daraus gelernt - nicht verloren geht. Darüber hinaus bedient sich der Autor bei den Großen des Weltschachs, neben Magnus Carlsen ist zum Beispiel auch Boris Spasski gut vertreten - ein laut Kuljasevic unterschätzter Weltmeister, der sich prächtig auf Dynamik verstand. Daneben finden sich Auszüge aus dem Schaffen von Klassikern wie Botwinnik, Tal und Petrosjan, aber auch viele mir zuvor unbekannte großartige Partien. Immer lässt er das Schach dieser Koryphäen - sei es Aljechin, Carlsen oder ein weniger bekannter Name - lebendig, verständlich, nachvollziehbar erscheinen. Als Leser hat man stets das Gefühl, »mittendrin zu sein, statt nur dabei«.

Ein sehr gutes Buch, das ich jedem nur ans Herz legen kann, und zwar unabhängig von seiner Spielstärke. Es ist gut strukturiert, zu den jeweiligen Themen und Aufgaben hat der Autor das passende Partienmaterial- gefunden bzw. ausgewählt. In mehr als hundert Beispielen (hauptsächlich Fragmente, zuweilen ganze Partien) gelingt es ihm, seine Themen gleichermaßen einpräg- wie unterhaltsam zu vermitteln. Die Kommentierung ist eine gelungene Mischung aus verbalen und analytischen Elementen. Die Anmerkungen sind sehr ausführlich, er erläutert die wesentlichen Merkmale einer Stellung und versteht es, den Entscheidungsprozess des jeweiligen Spielers darzulegen. Wenn nicht notwendig, gehen die Varianten nicht zu sehr in die Tiefe. Das Buch lässt sich somit auch gut ohne Brett lesen und verstehen. Die Lektüre wird nie langweilig, die Sprache des Autors ist etwas anspruchsvoller und abwechslungsreicher als das »übliche« Schach-Englisch mit den sattsam bekannten Standardphrasen. Alles in allem eine Bereicherung des Marktes, die uns hilft, neue Muster der Wahrnehmung am Brett zu entwickeln, sprich, Material in anderen Zusammenhängen als bisher zu sehen.

IM Frank Zeller
SCHACH 12/2020



Als das selbstlernende Schachprogramm AlphaZero 2018 ein Match gegen Stockfish überältigend gewann, sprach man im Schach von einer Zeitenwende, weil uns die künstliche Intelligenz neue Wege aufgezeigt hatte. Faszinierend war die Partieanlage des Programms, das Material deutlich geringer bewertete als etwa Raum, Zeit und Initiative. Diese schachAspekte betrachteten zwar schon die frühen sowjetischen Autoren wie Suetin oder Kotow in ihren Strategiebüchern, später Rowson und einige andere, doch die Literatur behandelte sie bislang stiefmütterlich. Kürzlich hat der kroatische Großmeister Davorin Kuljasevic diesen Faktoren mit Beyond Material ein ganzes Buch gewidmet.
Für den Autor wird der materielle Wert vor allem durch zwei Faktoren (mit all ihren Konsequenzen) überschrieben: der Königssicherheit und der Bauernumwandlung. Material ist in Bauerneinheiten quantifizierbar, die Qualität der Figurenharmonie, Entwicklung oder positioKompensation sind dagegen viel schwieriger zu fassen. Zudem betrachtet Kuljasevic auch psychologische Aspekte. Oft wird die Dame überbewertet, die Angst vorm Verlieren führt zu passivem Spiel. Insbesondere in materiell unausgewogenen Stellungen unterscheidet sich der subjektive Zugang stark: Pessimisten überschätzen, Optimisten unterschätzen Material. Der Faktor Zeit, meist mit Material erkauft, ist das Wesen einer Initiative, die den Gegner zu Zügen zwingt, die er sonst nicht machen würde. Der Faktor Raum existiert dagegen unabhängig von Zeit und Material. Es geht dabei um positioAspekte wie einen Vorposten, offene Linien, die Bauernstruktur. Der Faktor Psychologie meint in Beyond Material den Gegner in unangenehme Stellungen und Brettsituationen zu locken, in denen er nicht so stark spielt wie sonst oder wo ihm mehr Fehler unterlaufen. Aber auch, wie man gegen Jüngere spielt. Im letzten Kapitel fragt der Autor, wann der richtige Zeitpunkt ist, gierig, also materiell zu sein.
Nach jedem Artikel bietet Kuljasevic eine Reihe brauchbarer Trainingsaufgaben. Im Unterschied zu anderen Tests geht es nicht nur um eine taktische Lösung, sondern um eine positionelle Stellungsbewertung.
Ein guter Überblick über Aspekte, die seit AlphaZero immer wichtiger werden.
Harry Schaack, KARL 1/2020



Im New-in-Chess-Verlag ist unlängst mit Davorin Kuljasevic „Beyond Material” ein erstklassiges Schachbuch erschienen, auf das Vereinsspieler wohl schon lange gewartet haben. Es lehrt auf anschauliche Art und Weise, dass der rechnerische Wert des Materials zwar ein wichtiges, doch nicht das entscheidende Kriterium bei der Bewertung einer Partiestellung ist. So zeigt der Autor - in den USA lebender kroatischer Großmeister, Gewinner verschiedener Turniere und erfolgreicher Coach - beeindruckend auf, wie sich eine Position durch Materialopfer zwecks Erlangung nicht-materieller Gewinnfaktoren verbessern lässt. Bei der Auswahl der 107 äußerst anschaulichen Musterpartien (davon 95 Partiefragmente), 33 aus eigener Turnierpraxis und zum großen Teil aus der Meisterpraxis des 21. Jahrhunderts, hat der Autor eine sehr glückliche Hand bewiesen.

Den Übungsstoff unterteilt der Autor in sechs Kapitel, die er mit einer ausführlich formulierten Schlussfolgerung beschließt. In dieser fasst er das Behandelte zusammen und gibt instruktive Ratschläge. Den Kapiteln 2 bis 6 sind jeweils zehn Testaufgaben angehängt, die in Kapitel 7 ausführlich gelöst werden. In Kapitel 1 zeigt der Autor auf, dass neben dem rechnerischen Wert der Figuren nicht-materielle qualitative Faktoren eine Rolle spielen, zu denen er Raum (positionelle Aspekte) und Zeit (Tempo, Initiative, Angriff) zählt und wie sich durch Materialopfer ein Wechsel von Materialwert in einen nicht-materiellen Wert vollzieht. Sehr wertvoll für den Leser sind seine Ratschläge, wie zu lernen ist, kalkulierte (Opfer-)Risiken einzugehen.

In den Kapiteln 2 (Der relative Wert des Materials), 3 (Zeit schlägt Material) und 4 (Raum schlägt Material) geht der Autor dann intensiv auf die einzelnen nicht-materiellen Faktoren ein. Sehr nützlich für den Lernenden sind die beiden abschließenden Kapitel 5 (Psychologie des Nicht-Materiellen) und 6 (Gierig sein im Schach?).

Fazit: Ein äußerst nützliches Buch für Clubspieler, das die Barriere zu Materialopfern überwinden hilft.
Heinz Däubler
Oberpfalz Medien Magazin 8. Dezember 2019




Ein tolles Buch hat der Verlag New in Chess jetzt veröffentlicht. In "Beyond Material-Ignore the Face Value of Your Pieces and Discover the Importance of Time, Space and Psychology in Chess" beleuchtet der kroatische Großmeister Davorin Kuljasevic mit seinen immerhin 2554 Elo die Thematik von positionellen Opfern im Schach.
In unseren Anfängen haben wir Schachspieler noch keine Übersicht und verlieren oft ungewollt Material, zumindest erinnere ich mich noch lebhaft an einige besonders einprägsame Momente meiner Anfänge, in denen ich ordentlich herumgepatzt habe. Mit etwas Übung schaffen wir es dann, das eigene Material zusammenzuhalten, ehe der Trainer uns dann zeigt, dass man auch gewollt Material abgeben kann. Die Tür zur Welt der Opfer öffnet sich und wir lernen vielleicht erste klassische Partien von Morphy, Anderssen und co kennen. Man gibt Material und bekommt im besten Fall relativ schnell noch mehr Material zurück oder man gibt einen Bauern in der Eröffnung und bekommt dafür zwei bis drei Tempi, die zu Taktiken führen, die einem dann im besten Fall ein Matt oder mehr als einen Bauern einbringen. Daran hat man dann auch lange Zeit Spaß und vielleicht will man diese Welt gar nicht mehr verlassen, aber der Autor nimmt uns dann mit auf eine Reise durch eine komplexe Schachlandschaft, in der man Material gibt und dafür ein schönes Feld bekommt oder den gegnerischen König schwächt, ohne dass man wirklich zwingend gewinnt.
Zum Glück schafft es GM Kuljasevic aber nicht nur, hochwertiges Material von Koryphäen wie Garry Kasparov zu präsentieren, er hat es auch recht gut strukturiert und gibt dem Ganzen durch eigene Beispiele eine recht persönliche Note.
Ein Beispiel möchte ich kurz mit Worten beschreiben. Es geht um die Partie Kasparov-Shirov aus Horgen von 1994. Wir steigen im 13. Zug ein und sehen im Diagramm eine Stellung aus dem Sveshnikovsizilianer. Der Autor ordnet sie auch als solche für den Leser ein und zeigt gleich auf das positionelle Hauptmerkmal der Stellung. Nach den Anfangszügen (die er nicht nennt, es geht ja um das Mittelspiel) 1.e4 c5 2.Sf3 Sc6 3.d4 cxd4 4.Sxd4 Sf6 5.Sc3 e5 6.Sdb5 d6 7.Lg5 a6 8.Sa3 b5 9.Sd5 hat Weiß einen komischen Springer auf a3, aber auch einen schönen Vorposten auf d5. Die Praxis zeigt, dass es für Schwarz ganz gut möglich ist, um diesen herumzuspielen, aber es ist schon eine Stellung, in der Schwarz etwas unternehmen muss und sich nicht ausruhen darf. In der Folge stellt Alexej Shirov seinen Läufer nach b7 und seinen Springer nach c5, um d5 direkt und indirekt unter Druck zu setzen, aber Weiß schafft es, einen Turm auf die b-Linie vor seinen Bauern zu stellen und opfert diesen gegen den Läufer. Die wichtige Frage bei solchen Opfern ist immer, was man für das Material erhält und das erklärt der Autor hier und bei seinen vielen anderen Beispielen natürlich. Weiß hat auf d5 einen unantastbaren Springer und schafft es nach 17.Txb7 Sxb7 18.b4 zudem noch, den Springer auf b7 kaltzustellen. In der Folge wird dieser Bauer sogar noch zum Freibauern, während die schwarze Bauernmehrheit im Zentrum durch den Sd5 gut blockiert wird. In den nächsten Zügen sieht man auch noch einen weiteren Vorteil für Weiß. Schwarz hat nämlich keine klaren Pläne und spielt infolgedessen ungenau, wodurch Weiß schließlich auch noch Möglichkeiten gegen den schwarzen König erhält, die er schließlich nutzt. Der Autor zeigt einige Verbesserungen auf, auch wenn die Stellung für Schwarz nie wirklich schön wird.
Neben solchen Opfern, die Vorposten stützen oder erzeugen werden auch noch diverse andere gezeigt. Mal wird die Stellung unter Opfer klassisch für einen Königsangriff geöffnet, mal wird die gegnerische Struktur geschwächt. Da meist mehrere Beispiele zu einem Thema, wie hier de Vorposten, gezeigt wird, kann man als Leser auch selbst die Bedingungen für solche Opfer einfacher erkennen. Oftmals ist es eher der eigene Materialismus, der der Durchführung dann noch im Wege steht. Zur Abrundung der eigenen Fähigkeiten gibt es auch einige Aufgaben, in denen man am Ende eines jeden Kapitels zeigen kann, dass man die jeweiligen Motive verinnerlicht hat.
Insgesamt ist dies ein sehr gutes Trainingsbuch zu einem schwierigen Mittelspielthema, in dem wir wohl alle noch Luft nach oben haben. Ich kann es nur jedem empfehlen und habe es selbst schon im Training benutzt!
IM Dirk Schuh
November 2019



Mit "Beyond Material", sinngemäß in etwa zu übersetzen mit "Jenseits des Materials" hat der kroatische Großmeister Davorin Kuljasevic ein überaus wichtiges Thema aufgegriffen. Der Untertitel "Ignore the Face Value of Your Pieces and Discover the Importance of Time, Space and Psychology in Chess" macht deutlich, worum es genau geht in dieser Neuerscheinung 2019 bei New In Chess (NIC). "Ignoriere den Nennwert deiner Figuren und entdecke die Bedeutung von Zeit, Raum und Psychologie im Schach" lässt sich dieser übersetzen.

Schon der Anfänger im Schach bekommt beigebracht, dass neben dem Material Zeit und Raum bestimmende Elemente sind. Doch während das (statische) materielle Kräfteverhältnis relativ leicht ermittelt werden kann, weil die Stärke der Figuren über zugeordnete Werte bzw. Bauerneinheiten bekannt ist und diese schlicht zusammengezählt werden können, ist dies hinsichtlich der Zeit und des Raumes nicht ganz so einfach. Außerdem wird jedem Anfänger schnell klar, dass ein schlichter materieller Nachteil regelmäßig zur Niederlage führt. So entwickelt sich der lernende Spieler leicht und schnell zu einem "Materialisten" und überwindet diesen Charakter in der Folge nicht mehr.

Davorin Kuljasevic hat es sich zur Aufgabe gemacht, dem Spieler bei der Steigerung seiner Spielstärke zu helfen, indem er ihn in die Richtung eines flexibleren Umgangs mit den genannten Elementen unter Einbeziehung psychologischer Aspekte qualifiziert. Er soll nicht nur die besondere Herausforderung bestehen, Stellungen korrekt einzuschätzen, in denen die Vor- und Nachteile der Spieler sich auf unterschiedliche Elemente beziehen, sondern die sich aus der Umwandlung von Werten ergebenden Chancen besser zu nutzen lernen. Ein Schwerpunkt der Arbeit liegt darin, den Spieler die Aufgabe von Material zugunsten von Zeit und Raum lernen zu lassen, indem dieser die Dominanz des materiellen Denkens aufgibt, die Konsequenzen dieses Vorgehens besser abzuwägen lernt und letztlich ein kalkuliertes Risiko eingeht.

Der Autor arbeitet mit Beispielen aus der Praxis. Zunächst zeigt er im ersten von insgesamt sieben Kapiteln anhand eindrucksvoller Beispiele auf, wie das Ergebnis der Stellungsbewertung unter Berücksichtigung aller Elemente von der materiellen Situation abweichen kann. Dies ist für den erfahrenen Leser natürlich kein Geheimnis, die gezeigten Beispiele aber haben doch ein echtes Überraschungspotenzial. Im weiteren Verlauf befasst er sich insbesondere mit verschiedenen Einflüssen, denen der Spieler unterliegt und die ihn "materiell" handeln lassen. Hierzu zählen beispielsweise die Angst vor der Niederlage, reflexartig ausgeführte Züge und nachteilige Auswirkungen des Hochgefühls in besserer Stellung bzw. vor einem erwarteten Sieg.
In den Folgekapiteln zwei bis fünf geht Kuljasevic auf den relativen Wert der Figuren und dann auf Stellungsverhältnisse ein, in denen der Zeitvorteil bzw. der Raumvorteil den Materialstand aushebelt und den Ausschlag für den Ausgang der Partie gibt. Interessant sind die psychologischen Aspekte, die sich mit Entscheidungen verknüpfen, die nicht materiell orientiert sind. Hier geht es vor allem um die Auswirkungen auf die Psyche des Gegners, der in seinen Planungen und Überlegungen von materiell ausgerichteten Antworten ausgegangen ist. Hier zeigt der Autor auf, dass es neben Überraschungseffekten und unvorteilhaften Spielanlagen auch zur Überforderung des Gegners kommen kann.
Das Kapitel 6 befasst sich mit Aspekten der Habgier im Schach, eine besondere Ausprägung des materiell dominierten Handelns.
Eine Zusammenfassung, die auch schon mal mehr als eine ganze Seite einnehmen kann, hält die wesentlichen Inhalte des jeweiligen Kapitels fest. Zumeist handelt es sich dabei um lehrsatzähnliche Aussagen, Prinzipien und Hinweise auf Möglichkeiten für das eigene weiterführende Studium.
Die Kapitel 2 bis 6 halten Übungsaufgaben bereit, an denen der Leser seine Fertigkeiten bzw. seinen Lernerfolg überprüfen kann. Die Lösungen dazu enthält das Kapitel 7.

Das Thema des Buches ist auch für den Fernschachspieler relevant. Im rechnergestützten Spiel und auf der Basis der heute weit entwickelten Eröffnungstheorie und gut gefüllten Datenbanken, die während der Partie als Hilfsmittel eingesetzt werden dürfen, hat die Remisquote Spitzenwerte erreicht. Engines wie Stockfish, Komodo und Houdini rechnen in Bauerneinheiten und werfen ihre Bewertungsergebnisse dezimal aus. Abweichungen von mehr als 0,50 Einheiten, die statisch in etwa einem halben Bauern entsprechen, haben in den Standardsystemen und dort in den Hauptlinien bereits Ausnahmecharakter. Die Aufgabe von Material zugunsten dynamischer Gegenwerte zählt zu den Ideen, die der Spieler der Engine "zeigen" kann. Nicht zuletzt der Wettkampf zwischen Stockfish und AlphaZero hat gezeigt, dass die herkömmlich vorgehenden Engines bei der Berechnung der dynamischen Langzeiteffekte an gewisse Grenzen kommen. Auf diesen Wettkampf geht Davorin Kuljasevic übrigens am Rande kurz ein.

Das Werk kann bereits dem regelfesten Anfänger helfen, sein Spiel nicht von materiellen Erwägungen dominiert zu führen. Besonders spricht es meines Erachtens den Spieler ab Klubniveau an.

Die Buchsprache ist Englisch. Der verwendete Wortschatz geht bisweilen über das in Schachbüchern Übliche hinaus. Fremdsprachkenntnisse auf Schulniveau reichen aber für ein unkompliziertes Arbeiten mit dem Werk aus.

Fazit: "Beyond Material" lehrt eine Spielführung, die sich gezielt der Möglichkeiten der Elemente Material, Raum und Zeit bedient und die Dominanz der materiellen Betrachtung vermeidet. Ergänzend behandelt das Werk damit im Zusammenhang stehende psychologische Aspekte.
In meinen Augen sind dem Autor die Aufarbeitung des Themas und die Anleitung des Lesers sehr gut gelungen. So birgt die Arbeit immens viel Potenzial, auch den fortgeschrittenen Spieler zur Vervollkommnung seiner Fertigkeiten zu unterstützen.
Uwe Bekemann,
Deutscher Fernschachbund
November 2019