Entscheidungsfindung am Schachbrett
160 Seiten, kartoniert, Gambit, 1. Auflage 2005
Schach ist ein Spiel der Entscheidungen. Genauso wie man sich entscheiden muss, welchen Zug man spielt und welchen Plan man verfolgt, müssen Spieler auch praktische Entscheidungen fällen - wie sie ihre Zeit einteilen und ob sie eher ihrer Intuition folgen, oder jede Variante bis zum Ende durchrechnen.
Dies ist das erste Buch, das sich mit diesem grundlegenden Gebiet des Schachkampfes beschäftigt. Wereslaw Eingorn stützt sich auf seine enorme Erfahrung, um dem Leser einen Leitfaden zu geben, wie man die verschiedenen Stellungsfaktoren abwägt und sich für die beste Fortsetzung entscheidet. Er untersucht viele praktische Beispiele, erklärt, wie die kritischen Entscheidungen gefällt wurden und überprüft, ob sie korrekt waren. Der Leser begleitet Eingorn auf seiner Entdeckungsreise und wird dabei sowohl ein größeres Verständnis für die Entscheidungsfindung erlangen, als auch ein besseres Gefühl für den harmonischen Gebrauch von Intuition und Kalkulation entwickeln.
Themen, die in diesem Buch behandelt werden:
- Individualität und Stil
- Taktische Komplikationen
- Aktive Verteidigung
- Ein Gespür für Gefahr
- Inkorrektes Spiel
- Einfache Stellungen
- Auf der Suche nach einer Idee
- Ideenaustausch
Gewicht | 300 g |
---|---|
Hersteller | Gambit |
Breite | 14,4 cm |
Höhe | 20,9 cm |
Medium | Buch |
Erscheinungsjahr | 2005 |
Autor | Wjatscheslaw Eingorn |
Sprache | Deutsch |
Auflage | 1 |
ISBN-10 | 1904600239 |
ISBN-13 | 9781904600237 |
Seiten | 160 |
Einband | kartoniert |
004 Zeichenerklärung
005 1 Individualität und Stil
020 2 Taktische Komplikationen
039 3 Aktive Verteidigung
056 4 Das Gefühl für Gefahr
072 5 Inkorrektes Spiel
090 6 Einfache Stellungen
107 7 Auf der Suche nach einer Idee
122 8 Ideenaustausch
140 9 Analysieren Sie!
159 Spielerverzeichnis
260 Eröffnungsverzeichnis
Als ich dieses Buch, das 2003 im englischen Original unter dem Titel "Decision - Making at the Chessboard" erschien und nun in deutscher Übersetzung von Bettina Trabert vorliegt, zu lesen begann, erging es mir ähnlich, wie ich bald darauf in der Besprechung von Helmut Conrady (Rochade 11/2005/S. 82) nachlesen konnte. Ein wirklich klarer roter Faden zum Buchthema "Entscheidungsfindung" fehlte mir. Da ist mir z.B. das rund 50-seitige Kapitel "Entscheidungen treffen" in John Nunns Buch "Schachgeheimnisse - Ein Kursus zum Selbstunterricht (Olms 2005) hilfreicher, in dem klar strukturiert Themen und Tipps wie Analysenbäume, Bewertungsfunktionen, Analysiere nicht unnötige Verwicklungen, Sicherheitsnetze bei Analysen usw. auf eingängige Weise besprochen werden, um nur ein alternatives Werk zu nennen.
Dennoch habe ich gerne in Eingorns Buch gelesen. Denn zum einen liegt eine interessante und ausführlich kommentierte Partiensammlung vor, die zudem fast 80 Partien bzw. Partiefragmente des Autors enthält (das entspricht etwa zwei Drittel aller Partien), der ja nicht zu Unrecht als erfahrener Großmeister bezeichnet wird und vor allem in den Achtziger Jahren mehrfach beim Sowjetischen Meisterschaftsturnier mitspielte und dabei, wenn ich mich recht erinnere, einmal nur einen halben Punkt hinter dem Sieger Waganjan zurückblieb. Auch manch kritischer Blick auf historische Partien oder bestimmte Eröffnungsvarianten ist zu entdecken.
Zum anderen ist da ein Wesenszug dem Werk zu eigen, der schwer zu beschreiben ist, aber seinen eigenen Reiz hat. Wie sind wir doch manchmal gewohnt, Schach als streng logisches Spiel aufzufassen, das durch
Fehler und gute Züge entschieden wird, nicht durch Zufall. Aber es wird noch immer weitgehend von Menschen gespielt, die bestimmten Umständen und Ansprüchen unterliegen, die mal mehr oder weniger gesund, konzentriert oder motiviert sind. Dieser Einfluss wird wohl bisweilen unterschätzt. Vielleicht weil Partiekommentare, die erst nach der Partie entstanden und daher meist anders ausfallen als beim Zeitpunkt der tatsächlichen Entscheidungsfindung, unser Bild von einer Schachpartie prägen. Wie wohl geplant bis zum letzten doch alles war. Vielleicht war aber doch etwas "Glück" dabei, vielleicht das richtige Gefühl, am Ende wird in der Angriffsstellung schon etwas gehen usw. Dass da ein erfahrener Großmeister schreibt, dass man es schon in eher einfachen Stellungen selten schafft, alles wirklich hundertprozentig genau berechnen zu können und dass daher schon die Verschärfung des Spiels an sich eine strategische Entscheidung darstellt und das Resultat einer Partie dann durchaus auch vom "Glück" abhängt, von zufällig auftauchenden Angriffs- oder Verteidigungsressourcen (S.20), das ist nicht alltäglich und vielleicht ein wertvolles Gegengewicht zu unserer bisweilen sehr schematischen Auffassung vom Schachspiel.
Damit ist freilich nicht gesagt, dass Eingorn nicht objektiv analysiert oder auf Variantenbelege verzichtet. Keineswegs! Aber er relativiert immer wieder mal den Grad der objektiven Machbarkeit. Schach ist eben auch Kampf, und ein Kampf zwischen verschiedenen Individuen und Spielstilen. Eben deshalb lässt sich das Thema Entscheidungsfindung auch nicht wirklich vollständig erfassen, eher kann man sich ihm in praktischen Beispielen nur mehr oder weniger annähern, was Eingorn versucht. Auf den Untertitel "ein erfahrener Großmeister ergründet das Geheimnis des Denkprozesses" hätte man daher jedoch verzichten sollen. Misst man das Buch nun nicht nur an den hochtrabenden Buchtiteln, so hat es jedenfalls unbestreitbar auch seine lesenswerten Reize und Starken.
Helmut Riedl, Rochade Europa 2/2006
____________________________
Der ukrainische GM Wjatcheslaw Eingorn verfügt über reichhaltige Erfahrungen im Kampf gegen stärkste Gegnerschaft, so in der damaligen 1. Liga der UdSSR-Meisterschaft (in den 1980er-Jahren), in den Teamwettbewerben der ukrainischen Mannschaft, und in der deutschen Bundesliga. Im Jahre 2003 hat er sein erstes Schachbuch "Decision-Making at the Chessboard" beim Londoner Gambit-Verlag herausgebracht, welches nunmehr von WGM Bettina Trabert ins Deutsche übersetzt wurde. Die Zug-Entscheidungen, welche ein Spieler während der praktischen Partie laufend treffen muss, beruhen auf komplexen Abwägungsprozessen und sind nicht nur von den objektiven Gegebenheiten auf dem Brett abhängig, sondern auch vom individuellen Stil und gelegentlich von äußeren Faktoren wie beispielsweise Zeitnot. Zudem stellt sich oft die Frage: Soll man konkrete Varianten berechnen oder mehr seiner Intuition vertrauen und sich von allgemeinen Prinzipien leiten lassen? Diese und viele andere Implikationen behandelt Eingorn in den folgenden Kapiteln:
1) Individualität und Stil: Anhand ausgewählter Partien von Aljechin, Petrosjan, Bronstein, Lasker u.a. macht der Autor deutlich, wie die jeweilige Spielauffassung und die unterschiedlichen Charaktere der Protagonisten die Entscheidungsfindung beeinflussen (S. 5-19 mit vier vollständigen Partien und vier Partiefragmenten).
2) Taktische Komplikationen: Hier diskutiert Eingorn die alte Frage nach dem Verhältnis von Strategie und Taktik und kommt u.a. zu der Erkenntnis, dass beim taktischen Geplänkel oftmals Stellungszufälle und Glück eine entscheidende Rolle spielen (S. 20-38, mit sieben Partien und einem Partie-Ausschnitt).
3) Aktive Verteidigung: In schlechterer Stellung kann man sich passiv verteidigen (was kaum jemand bevorzugt) oder aktiv dagegen halten (was zwar häufig geschieht, aber dennoch keinerlei Erfolgsgarantie birgt) (S. 39-55, mit vier Partien und vier Teil-Partien).
4) Das Gefühl für Gefahr: Dieses entwickelt sich mit zunehmender Erfahrung und ist nur indirekt zu beurteilen: "Es ist schlecht, wenn es entweder zu oft oder überhaupt nicht auftritt" (Zitat S. 71). Ein gesundes Gespür kompensiert bis zu einem gewissen Grad die natürliche Begrenztheit des Denkens und Vorausberechnens. (S. 56-71. mit sechs Partien und drei Partiefragmenten).
5) Inkorrektes Spiel: Hiermit sind sowohl einzelne fehlerhafte Züge als auch verfehlte Pläne gemeint; letztere treten oft in Endspielen auf. Fehler sind unausrottbar, und am besten ist es, aus gemachten Fehlem zu lernen (S. 72-89, mit sieben Partien und drei Teilpartien).
6) Einfache Stellungen: Eingorn versteht darunter Positionen, bei denen das strategische Hauptthema klar zu erkennen ist, z. B. Isolani-Bauer, typische Bauernketten. Auch hier ließen sich keine vorgefertigten Rezepte der Stellungsbehandlung anwenden (S. 90-106, mit sechs Partien und drei Partiefragmenten).
7) Auf der Suche nach einer Idee: Motivation und Phantasie sind immer gefragt, vor allem in zugespitzten Situationen. Hier analysiert der Autor vornehmlich unklare Endspielstellungen in einer vollständigen Partie und neun Teil-Partien (S. 107-121).
8) Ideenaustausch: Berühmte Vorbilder kann man durchaus in eigenen Partien "imitieren", z.B. das Verteidigungsmanöver Laskers in der vierten WM-Partie gegen Tarrasch 1908 mit ...Te5 und ...Tc5, oder Aljechins Damenrückzug ...De7-d8 aus seiner Partie gegen Tarrasch, Baden-Baden 1925, u.v.a.m. Es muss nur geprüft werden, ob die jeweilige Idee auch genau zur Stellung passt. Jedenfalls haben Schachideen einen universellen Charakter und können früher oder später genutzt werden, meint der Autor (S. 122-139, mit fünf Partien und 10 Partie-Ausschnitten).
9) Im Schlusskapitel stellt Eingorn 18 Spielpositionen aus der Meisterpraxis vor und fordert den Leser auf: "Analysieren Sie!" Dabei gibt es keine vorgegebenen Themen, keine Tipps und keine klaren und sauberen Antworten. Der Leser soll die Stellungen beurteilen und mögliche Fortsetzungen untersuchen (Diagramme S. 140-143, Analysen S. 144-158).
Eingorn bringt insgesamt 95 Beispiele (40 vollständige Partien und 55 Partiefragmente), wovon er 77 selbst gespielt hat. Seine Analysen wirken kompetent und (selbst)kritisch, dabei ziemlich ausführlich und sorgfältig in Szene gesetzt. Jeder Leser, der sich eingehend damit befasst, wird vieles für sich selbst profitieren können; ob er tatsächlich seine eigene Entscheidungsfindung wesentlich verbessern oder gar das Geheimnis des schachlichen Denkprozesses ergründen und nachvollziehen kann (wie im Buchtitel verheißen), darf aber füglich bezweifelt werden - dazu ist die ganze Materie vielleicht doch zu kompliziert und vielschichtig.
Dr. W. Schweizer, Rochade Europa 1/2006
______________________________
Mit "Entscheidungsfindung am Schachbrett" legt der ukrainische GM Wjatscheslaw Eingorn sein erstes Schachbuch vor. Laut seinem Rückentext ist das vorliegende Werk das "erste Buch, das sich mit diesem grundlegenden Gebiet [welcher Zug/Plan soll gespielt werden, Zeiteinteilung, Variantenberechnung, Rolle der Intuition] des Schachkampfes befasst".
Diese Aussage erscheint mir recht gewagt, könnten sich doch in jedem Strategiebuch Kapitelüberschriften wie die in Eingorns Werk finden:
- Individualität und Stil
- Taktische Komplikationen
- Aktive Verteidigung
- Das Gefühl für Gefahr
- Inkorrektes Spiel
- Einfache Stellungen
- Auf der Suche nach einer Idee
- Ideenaustausch
- Analysieren Sie! [18 Positionen zum Selbstlösen]
Aufgrund des Titels und der Ankündigung auf der Rückseite hätte ich eine Einleitung erwartet, die vielleicht ähnliche Literatur berücksichtigt oder zumindest den eigenen spezifischen Ansatz erläutert. Dies findet sich hingegen (ebenso wie ein eventuelles Schlusswort) nicht. Es geht sogleich in medias res. Kapitel für Kapitel wird dabei einzeln und eher additiv abgearbeitet. Eingorn stellt in seinem Buch eine Vielzahl von Partien vor und kommentiert sie in der Tat im Stile von Strategiebüchern. Er weist auf gute und schlechte Züge hin, reißt Fragen der Motivation des Spielers an oder nähert sich Eigenheiten des persönlichen Stils. Einen Einblick in den Aufbau des Buches mag ein grober Abriss des Kapitels "Taktische Komplikationen" geben. In einer drittelseitigen Hinfuhrung geht der Autor kurz auf das Verhältnis von Strategie und Taktik ein, wobei er mit der Bemerkung schließt, dass bei scharfem Spiel oft das Glück über den Ausgang der Partie entscheidet. Es folgen acht recht ausführlich kommentierte Partien von 1919 (Reti - Bogoljubov, Stockholm) bis 1998 (Eingorn - Fochtler, Schwäbisch Gmünd). Ein kurzes Schlussstatement rundet das Kapitel ab. Der Autor merkt hier an, dass Variantenberechnungen zu Fehlern neigen können, dass man bei taktischen Erwägungen generelle Regeln beiseite legen sollte und taktische Verwicklungen mit ihrem oft unberechenbaren Ausgang ein "schwarzes Loch" der Schachtheorie seien. Sie merken vielleicht an meiner bisherigen Darstellung: Für den oben genannten Buchtitel fehlt mir die spezifische Herangehensweise des Autors. Die Äußerungen erscheinen oft wenig originell, bleiben zum Teil im Allgemeinen, es werden Varianten angeführt und oft nicht genügend verbal erklärt. Als kommentierte Partiensammlung mit historischen und aktuellen meist inhaltsreichen Begegnungen gefällt das Buch durchaus. Die Ergründung des Geheimnisses des Denkprozesses im Schach (Untertitel) wird aber nicht mehr oder nicht weniger geleistet als in anderen kommentierten Partiensammlungen, wie etwa denen von John Nunn oder Igor Stohl.
Helmut Conrady, Rochade Europa 11/2005
__________________________________________________
Im Schachmarkt Nr. 2 / 2004 haben wir Ihnen 'Decision - Making at the Chessboard' von Wjatscheslaw Eingorn vorgestellt.
Der englische Gambit Verlag ist schon vor einiger Zeit dazu übergegangen, seine erfolgreichsten Bücher anschließend auch in deutscher Sprache heraus zu bringen.
Seit kurzem liegt nun auch die von Bettina Trabert aus dem Englischen übertragene Neuerscheinung dieses Buches vor. Anhand zahlreicher Partien und Partiestellungen, zum großen Teil aus der eigenen Praxis, erläutert Eingorn die Gedankengänge eines Großmeisters bei der Auswahl eines Zuges. Das Buch gliedert sich in die Kapitel
1)
2) Taktische Komplikationen
3) Aktive Verteidigung
4) Das Gefühl für Gefahr
5) Inkorrektes Spiel
6) Einfache Stellungen
7) Auf der Suche nach einer Idee
8) Ideenaustausch