Das Zusammenspiel von Bauern und Figuren stellt für jeden Schachspieler eine Herausforderung dar. Vieles hängt von der kleinsten Einheit im Schach ab.
Im Vordergrund stehen wichtige Fragen:
- Welche Struktur ist anzustreben?
- Was sind besondere Merkmale der Stellung und welches ist der richtige Plan?
- Wie können die Figuren wirkungsvoll in Szene gesetzt werden?
In "Die Macht der Bauern" erläutern die Autoren anhand praktischer Beispiele typische Strukturen und Strategien. Im einleitenden Abschnitt untersuchen sie die jeweiligen Auswirkungen der Bauernstellung auf die einzelnen Figuren. Der zweite Teil des Buches beschäftigt sich eingehend mit den wichtigsten Bauernkonstellationen. Dabei wird großer Wert gelegt auf die verständliche Darstellung von Stellungsmerkmalen und beiderseitigen Plänen.
Das Studium der ausführlich kommentierten, mit zahlreichen praktischen Tipps versehenen Großmeisterpartien erhöht das Schachverständnis und verhilft dem Leser zu besseren Ergebnissen in der eigenen Praxis.
Das Buch richtet sich an Vereinsspieler mit DWZ/Elo von 1300 bis 2200.
Die Autoren
GM Jörg Hickl , Internationaler Großmeister seit 1988, spielte nahezu einhundert Mal für die deutsche Nationalmannschaft. Neben diversen Deutschen Mannschaftsmeistertiteln gewann er 1998 die Deutsche Einzelmeisterschaft. In den letzten Jahren widmet er sich verstärkt der Durchführung von Schachreisen und dem Training von Vereinsspielern.
IM Dr. Erik Zude , Internationaler Meister seit 2006, gewann 1989 die hessische Einzelmeisterschaft sowie zahlreiche Einzel- und Mannschaftstitel auf Landesebene. Er spielt für den SV Hofheim in der Bundesliga.
Uwe Schupp war Mitglied des von GM Ludek Pachmann gegründeten Schach-Leistungszentrums in Altensteig/Schwarzwald und wurde u. a. mehrmaliger deutscher Schulschachmannschafts-meister. Er arbeitet als Finanzanalyst in einer deutschen Großbank in Frankfurt.
Einführung
Der Wunsch eines jeden Vereinsspielers ist das Erreichen einer akzeptablen Spielstärke bei zeitlich überschaubarem Arbeitsaufwand. Hier setzt das vorliegende Buch "Die Macht der Bauern" an. Der Überblick grundlegender Bauernstrukturen, zusammen mit vielen praktischen Hinweisen, hilft das schachliche Verständnis tiefgreifend zu verbessern.
Schachspieler benötigen ein breites Wissen. Eine Partie verläuft selten wie geplant - neue, oftmals unbekannte Stellungen entstehen urplötzlich und erfordern eine große Flexibilität. Es gilt, Erfahrungswerte in ein möglichst genaues Stellungsurteil umzuwandeln. Tiefgreifende Kenntnisse sind natürlich von Vorteil, aber oftmals nicht erforderlich. Dieses Buch soll dazu beitragen, den Vereinsspieler zu einem "Allrounder" zu machen, der sich in jeder Situation zurechtfindet. Wichtig ist es, die Stärken und Schwächen einer Bauernstruktur zu erkennen, um in der Praxis ihre Vorteile zur Geltung bringen zu können. Dabei wird Ihnen das Studium dieses Bandes helfen.
Mitte der 90er Jahre, als ich neben dem Spitzensport weitere Schwerpunkte meiner schachlichen Tätigkeit auf die Veranstaltung von Schachreisen und Schachtraining legte, waren mir die Bedürfnisse der Mehrzahl der Vereinsspieler fremd. Zu sehr unterscheiden sich die Anforderungen des Spitzenschachs von denen des gelegentlichen Turnierspielers. In mehr als zehn Jahren intensiver Arbeit und Kommunikation mit den Teilnehmern meiner Reisen tauchten immer wieder dieselben Fragen zu Strukturen und Stellungseinschätzung auf. Mir wurde bewusst, dass Vereinsspieler eine ähnliche Herangehensweise und mit ähnlichen Problemen zu kämpfen haben.
Diese Überlegungen führten unter anderem zu folgenden Fragen: "Kann ich an dieser Situation etwas verbessern? Wo kann meine Erfahrung helfen, Schachspielern das Lernen zu erleichtern? Und wie können sie Fortschritte erzielen?"
Während meines Trainings wurde ich immer wieder auf Schwierigkeiten der Teilnehmer im Umgang mit Bauernstrukturen und der damit verbundenen Stellungseinschätzung aufmerksam. "Bauern sind die Seele des Spiels" - dies erkannte bereits Francois Andre Danican Philidor, der weitbeste Spieler des 18. Jahrhunderts. Ihrer besonderen Gangart kommt dabei entscheidende Bedeutung zu: Als einziger Stein können sie nicht rückwärts ziehen. Ein leichtfertiger Bauernzug kann bedeutende Konsequenzen nach sich ziehen, zu sehen an Themen wie guter/schlechter Läufer, offene Linie oder ewige Figur.
Um diese besonderen Auswirkungen auf die Figuren klarer herauszustellen, wurde Leichtfiguren und Türmen der einleitende Teil des Buches gewidmet. Die sich sowohl geradlinig wie diagonal bewegenden Figuren König und Dame weisen eine weitaus geringere Strukturabhängigkeit auf und erfahren deshalb keine separate Beachtung. "Typische" Bauernstrukturen gibt es viele - zu viele. Auch für erfahrene Großmeister bedeutet deren Studium ein lebenslanges Lernen. Eine erschöpfende Behandlung kann ein einzelnes Buch nicht liefern und würde zudem den Lernenden überfordern. Der Hauptteil beschränkt sich deshalb auf die am häufigsten anzutreffenden und grundlegenden Strukturen von "Hängende Bauern" über "Isolani" bis hin zu "Felderschwächen".
Das Arbeiten mit diesem Buch
Es reicht nicht aus, Schachbücher zu lesen. Ihre Inhalte müssen intensiv studiert und durchgearbeitet werden, um das Verständnis dauerhaft zu festigen. Dies erfordert eine gewisse Eigeninitiative und leider auch einen nicht unerheblichen Zeitaufwand. Nur so jedoch prägt sich das Gelernte ein und kann auch zu einem späteren Zettpunkt problemlos abgerufen werden, um in eigenen Partien Anwendung zu finden.
Jede im zweiten Teil behandelte Struktur wird zunächst allgemein anhand eines Diagramms erläutert. Um ihre Besonderheiten hervorzuheben, wurde dabei auf Figuren verzichtet - unter Umständen hat jedoch noch kein einziger Stein das Brett verlassen. Alle Strukturen kommen selbstverständlich auch mit vertauschten Farben vor.
Arbeiten Sie grundsätzlich mit einem Schachbrett in Turniergröße! Schachspieler sind durch die Praxis sehr stark auf dreidimensionales Denken geprägt und erreichen am Brett wesentlich bessere Ergebnisse als in der Zusammenarbeit mit einem Schachprogramm und dem Computermonitor.
Wichtige Stellungen werden durch Diagramme hervorgehoben und mit einer Aufgabe versehen. Die Lösung wird Ihnen leichter fallen, wenn Sie dabei folgende Fragen beantworten:
- Welche besonderen Merkmale weist die Stellung auf? Achten Sie auf Unterschiedliche Bauernmajoritäten, Königssicherheit und wichtige, die Leichtfiguren betreffende Besonderheiten, wie zum Beispiel guter/schlechter Läufer oder ewige Figurenfelder.
- Wo spiele ich? Damen-, Königsflügel oder Zentrum?
- Gelten für verschiedene Partiephasen unterschiedliche Einschätzungen? Ist eine Bauemschwäche in Eröffnung oder Mittelspiel zu vernachlässigen, die im Endspiel einen schwerwiegenden Defekt bildet?
- Wo sind Bauernhebel? Gibt es die Möglichkeit, die Struktur zu ändern? Kann ich mit dem Vorgehen meines eigenen Bauern eine Linie öffnen oder eine Schwäche schaffen?
Und vergessen Sie nie einen ganz wichtigen Punkt:
- Was hat der Gegner vor? Können Sie diese Frage beantworten, dann sind Sie ihr einen Schritt voraus!
"Die Macht der Bauern" bietet aber nicht nur einen Überblick verschiedener Strukturen. An vielen Stellen finden sich in kursiver Schrift praktische Hinweise, z. B. zum Verhalten in Zeitnot, Finden von Kandidatenzügen und klassischen Spielerfehlern. Das selbstständige Studium der am Ende jedes Kapitels aufgelisteten Modellpartien rundet die jeweilige Thematik ab und vertieft die erworbenen Kenntnisse. Alle im Buch aufgeführten Partien stehen im Internet unter der Adresse www.ioerq-hickl.de kostenlos zum Download in elektronischer Form zur Verfügung.
Mein großer Dank gilt meinem Co-Autor ErikZude für die hervorragende Zusammenarbeit sowie Uwe Schupp für die redaktionelle Überarbeitung des Buches. Besonders hervorheben möchte ich auch die Teilnehmer der Schachreisen, deren konstruktive Fragen und Anregungen letztlich den Anstoß zu diesem Buch gaben.
Jörg Hickl
Gewicht | 370 g |
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Hersteller | Schachreisen |
Breite | 16,5 cm |
Höhe | 24 cm |
Medium | Buch |
Erscheinungsjahr | 2018 |
Autor | Jörg HicklErik ZudeUwe Schupp |
Sprache | Deutsch |
Auflage | 2 |
ISBN-13 | 9783000251900 |
Seiten | 183 |
Einband | kartoniert |
007 Einführung
011 Teil 1: Figuren und Bauern
012 Kapitel 1: Läufer
021 Kapitel 2: Springer
032 Kapitel 3: Turm
045 Teil 2: Grundlegende Bauernstrukturen
046 Kapitel 4: Hängende Bauern
057 Kapitel 5: Isolani
082 Kapitel 6: Rückständiger Bauer
101 Kapitel 7: Freibauer
118 Kapitel 8: Doppelbauer
137 Kapitel 9: Felderschwächen
158 Kapitel 10: Bauernketten
179 Anhang
179 Zeichenerklärung
180 Spielerverzeichnis
181 Eröffnungsverzeichnis
182 Literaturverzeichnis
Kein seelenloses Lehrbuch
Die Macht der Bauern
Das Buch ist in zwei Teilen und zehn Kapiteln aufgebaut (Teil 1: Kapitel 1 bis 3; Teil 2: Kapitel 4 bis 10). Im ersten Teil ("Figuren und Bauern") wird erklärt, auf welche Weise die Effektivität welcher Figuren durch die diversen Bauernformationen bestimmt wird, während im zweiten Teil diverse typische Bauernstrukturen (zum Beispiel Isolani, Doppelbauern etc.) besprochen werden.
Um ein guter Schachspieler zu sein, muss man nicht unbedingt etwas von Kommunikation verstehen. Jörg Hickl ist ein Glücksfall für den Leser, denn er versteht eine Menge von beidem. Das Ergebnis ist ein hervorragendes Lehrbuch, in dem nicht seelenlos doziert, sondern der Leser von Anfang an eingebunden wird.
In jedem Kapitel wird zunächst die Thematik ausführlich anhand von praktischen Partien erklärt, aber schon hier werden dem Leser immer wieder Aufgaben gestellt. Am Kapitelende folgen dann weitere separate Übungsaufgaben, und es werden Modellpartien genannt, die von Hickls Website heruntergeladen werden können. In der Einführung schreibt Hickl u. a., man solle mit einem Schachbrett in Turniergröße arbeiten (und nicht über den Computerbildschirm), aber das Buch ist mit seinen zahlreichen Diagrammen sehr leserfreundlich aufgebaut, so dass man auch ohne weitere Hilfsmittel davon profitieren kann (aber denken Sie daran: Seien Sie nicht so faul wie ich, sondern nehmen Sie ein Schachbrett!).
Einige der erklärten Motive sind sehr elementar, andere um einiges anspruchsvoller. Manche der gestellten Aufgaben haben es durchaus in sich. Ich habe selber versucht, einige der Aufgaben zu lösen. Das hat meistens auch ganz gut funktioniert, aber in Partie 64 auf Seite 173 lag ich falsch. Als mir erklärt wurde, dass auch Peter Leko hier falsch lag, war ich wieder beruhigt. Ich kann mir vorstellen, dass zumindest die untere Hälfte der ausdrücklich genannten Zielgruppe von 1300 bis 2200 DWZ/Elo an manchen Aufgaben ganz schön zu knabbern haben wird.
Jörg Hickl versteht es, angenehm und unterhaltsam zu schreiben, auch seine Tipps sind praxisnah und hilfreich. Allein der Hinweis, nie in ein Bauernendspiel überzugehen, es sei denn, man wisse ganz genau, was man tut, könnte viele verlorene Partien vermeiden helfen. Wir haben ein erstklassiges Lehrbuch vor uns, in dem viel mehr als bloß Bauernstrukturen und ihre unmittelbaren Konsequenzen vermittelt wird. Abschließend meine Entschuldigung an die Co-Autoren Erik Zude und Uwe Schupp, dass ich der Einfachheit halber immer nur von Jörg Hickl gesprochen habe. Der Wert ihrer Beiträge zum Buch soll dadurch nicht geschmälert werden.
Mit freundlicher Genehmgung
Klaus Kögler, Kaissiber 34
GM Jörg Hickl, IM Dr. Erik Zude und Uwe Schupp, gleich drei Namen auf einem Cover für ein Lehrbuch, das deutet auf ein Chaos an Meinungen und Varianten hin, nach welchen uns Vereinsspielern der Kopf rauchen wird. Weit gefehlt, lieber Leser! Als Kopf des Teams hat sich der ehemalige Deutsche Meister Hickl in seinem Erstlingswerk ganz bewusst für ein Buch entschieden, welches nicht der Weisheit letzter Schluss sondern eine Stütze für jeden ambitionierten Amateur im Umgang mit seinen Bauern sein soll.
Die nötigen Erfahrungen im Umgang mit Amateurspielern sammelte Jörg Hickl in den zehn Jahren, die er nunmehr schon Schachreisen organisiert und selbst leitet. Statt sich von den ewig gleichen Fragen der Nicht-Meister nerven zu lassen, hörte er zu, lernte und schaffte es tatsächlich, sich in sie hineinzuversetzen. Besonders fiel ihm dabei auf, dass allgemein das Verständnis für den Umgang mit Bauernstrukturen und das Wissen, wie man Stellungen richtig bewertet, fehlt.
Auf kompakten 183 Seiten und in 65 kompletten Partien auch aus der eigenen Praxis wird zunächst darauf eingegangen, wie Läufer, Springer und Türme von der Struktur der Bauern beeinflusst werden. Im zweiten Teil erklären die Autoren die gängigsten Bauernstrukturen und wie man mit Ihnen umgeht oder gegen sie spielt. Das ist natürlich nichts Neues, doch die Tatsache, dass mehr mit Worten und weniger mit unendlichen Variantenbäumen gelehrt wird, macht das Lesen und Lernen gleich von Beginn an zu einem regelrechten Vergnügen.
Sehr sympathisch ist, dass sich der Großmeister nicht scheut, auch selbst erzeugte Fehler zu präsentieren. Aussagen wie "Gier, Euphorie, Leichtsinn oder Zeitnot - die Lehrer sind nicht immer die besten Schüler" oder "Diesen Vorstoß, der die ganze Zeit nicht möglich war, hatte ich nicht ausreichend gewürdigt! Die typische Ausrede eines Schachspielers, oder? In Wahrheit habe ich ihn gar nicht gesehen!" vermitteln das Gefühl, nicht vom hohen GM-Ross sondern auf Augenhöhe mit Wissen, Ratschlägen und Erfahrungen bedient zu werden. Statt den Leser mit geballtem Know-how zu überfordern, richtet sich das Buch an Spieler mit einer Spielstärke von DWZ 1300 bis 2200. Prädikat: Wertvoll!
Mit freundlicher Genehmigung
Mike Rosa, Chess Tigers, Rochade Europa 7/2009
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Einen breiten Raum nimmt der notorische ,,Isolani" sowie seine Verwandten, die Hängebauern c4/d4 bzw. c5/d5 sowie der rückständige Bauer d4/c3 bzw. d5/c6 ein. Zu diesem Themenkreis ist wahrlich schon viel geschrieben worden, am tiefgründigsten wohl von Baburin (Winning Pawn Structures, Batsford 1998; nicht in Hickls Literaturliste). Weitere Themenkreise sind der Freibauer auf der d-Linie (wie häufig im Grünfeld-Inder), der Doppelbauer auf c3/c4 oder f7/f6 sowie das damit zusammenhängende Thema "Felderschwächen". Vorgestellt bzw. skizziert werden auch der Königsindische Stellungstyp nach d4:e5 d6:e5 (Bc4/e4 gg. Bc6/e5; schwarzes Figurenfeld auf d4) oder die französischen Bauernketten nach e4-e5, und einige Stellungstypen mehr.
Die Darstellung ist stets ausgewogen, es werden Vor-und Nachteile sowie die Pläne für beide Seiten vorgestellt. Als Material dienen diverse aus anderen Lehrbüchern bekannte Partien, aber auch Modernes bzw. aus der eigenen Praxis. Nachahmenswert auch für andere Autoren der Hinweis auf weitere instruktive Partien zum jeweiligen Themenkreis, die der Leser dann selbständig auf einer Datenbank durchsehen kann, ohne dass sinnlos Papier bzw. Druckerschwärze vergeudet wird.
In die Partiekommentierungen streut Hickl viele praktische Tips und auch Anekdoten ein, was manchmal etwas unvermittelt einherkommt. Ansonsten sind die Kommentare angemessen und klar, nur gelegentlich einmal wird es im Variantendschungel kompliziert.
Wer in der besagten Zielgruppe noch kein überquellendes Bücherregal besitzt, darf hier zuschlagen.
Mit freundlicher Genehmigung
Harald Keilhack, Schach 3/2009
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Schon seit Jahrhunderten forscht man über die "Kunst" und die "Geheimnisse" der Bauernführung, und entsprechend häufig tauchen diese Schlagworte in Buchtiteln auf. "Die Macht der Bauern" heißt ein neues Werk zu diesem Thema, welches ein Autorentrio mit GM Jörg Hickl, IM Erik Zude und Uwe Schupp im Eigenverlag vorlegt. Gibt es neue Erkenntnisse? Nein! Aber der Untertitel "Strukturen, Pläne und Ideen für Vereinsspieler" macht neugierig - und zwar zu Recht! Jeder Schachspieler weiß, dass die meisten Partien "aus dem Ruder laufen", weil es häufig reicht, dass an einer Stelle die Bewertung der Partieanlage falsch oder oberflächlich war. In der Regel werden Bauernstrukturen nicht optimal eingesetzt oder das potentielle Zusammenspiel zwischen Figuren und Bauern wird fehlinterpretiert. Die Auswirkungen von Bauerngerüsten auf Raum und Figurenaktionen sind Basiselemente der Plansuche - und genau dafür gibt es keine Patentrezepte, sondern es bedarf jahrelanger Veranschaulichung, um Bewertungsraster zu verstehen.
Die Autoren fokussieren das Studienmaterial von 65 vollständigen Partien auf zwei Gebiete: Was ist mit Figuren (Läufer, Springer und Turm) möglich, die durch Bauernstrukturen eingeschränkt werden können (30 Seiten)? Und wie beeinflussen grundlegende Bauernstrukturen (hängende Bauern, Isolani, rückständige Bauern, Freibauer, Doppelbauer, Bauernketten) Planungsziele der verbliebenen Figuren (110 Seiten)? Daneben widmen sich 20 Seiten den Fragen von Felderschwächen rund um Bauernstrukturen! Jedes Kapitel wird durch Erklärung von Besonderheiten, Plänen für beide Seiten und Merksätze als Fazit eingeleitet. Klingt alles nicht so neuartig, aber gerade für Amateure bis Elo 2000 liefern Jörg Hickl und seine Koautoren aufgrund der Erfahrung aus vielen Trainingsseminaren etwas wirklich Wertvolles: die Reduzierung von Komplexität! Die Kernaussagen versinken nicht in einem Meer von Varianten, sondern es wird an den kritischen Stellen eingehakt - und zwar überwiegend mit Beschreibungen, die sich wie Protokolle der Denkprozesse lesen. Hier auszugweise ein Stellungstyp, der tiefgründige Planung erfordert, weil der offensichtliche Plan nicht sofort erkennbar ist. Der junge Garry Kasparow traf 1980 mit einer seinerzeit hohen Elo-Zahl von 2595 auf den heutigen Manager von Veselin Topalov, der damals 300 Wertungspunkte weniger auswies.
Analyseauszüge von Jörg Hickl, Erik Zude und Uwe Schupp
1. c4 g6 2. Sf3 Lg7 3. Sc3 d6 4. d4 Sf6 5. e4 0-0 6. Le2 e5 7. dxe5 dxe5 8. Dxd8 Txd8 9.Lg5 Sbd7 10.Sd5 c6 11. Se7+ Kf8 12.Sxc8 Tdxc8 13.0-0-0 Sc5 14. Lxf6 Lxf6 15. Ld3
1. Bewerten Sie den schwarzen Läufer!
2. Welchen Plan sollte der Nachziehende befolgen?
1) Ein Blick auf das bekannte Muster "Läufer f6 hinter dem eigenen, blockierten Bauern e5" überzeugt uns sofort davon, dass dies ein schlechter Läufer sein muss. Allerdings ist das nicht ganz richtig! Das Brett hat zwei Hälften. Der auf der rechten Seite schlechte Läufer ist auf der linken Seite gut. Zudem hat er keinen Widersacher, der ihm sofort eine Diagonale streitig machen könnte. Der Läufer wird stark (aber per Definition nicht zum guten Läufer!), sobald wir ihn auf den Damenflügel überführen.
2) Aus dieser Idee ergibt sich sofort ein Plan: Der Bauer e5 wird anderweitig gedeckt. Dadurch strebt Schwarz Manöver wie Le7-c5 (b4) oder Ld8-b6 (a5) an. Damit Weiß dieses Vorhaben nicht mit a3 und b4 durchkreuzen kann, wird dem zunächst ein Riegel vorgeschoben und der Vorposten c5 gesichert.
15...a5 Beachten Sie bitte, dass in solchen Situationen ein Springer auf c5 nicht mit dem sofortigen a3 (was die Drohung b4 erneuert) vertrieben werden kann! Schwarz antwortet a4 und b2-b4 ist kein Thema mehr. Die weiße Struktur verbleibt mit großen Felderschwächen. Erzwungen ist das behutsame Vorgehen, zuerst b3 mit der Idee, danach a3 und b4 folgen zu lassen. Schwarz gewinnt mit a5 also ein Tempo. 16. The1 Te8 17. Lf1 Ld8 18. g3 a4 19. Kc2 La5 20. Te3 Tad8 21. Txd8 Txd8 22. Lh3 Weiß ist hilflos, und mit dem Textzug wartet er quasi darauf, dass Kasparow seine Überlegenheit zu einem Sieg umsetzt. Genau wie wir in gewonnener Stellung nicht den kürzesten oder gar schönsten Gewinnweg suchen sollten, sondern den einfachsten und sichersten, müssen wir in schwieriger oder hoffnungsloser Situation nicht den längsten Weg zur Niederlage wählen, sondern den, der dem Gegner die größten praktischen Schwierigkeiten bereitet! Getreu dieser Devise war 22. Sxe5 vorzuziehen. Damit hätte Danailov seinem Gegner zumindest noch die Gelegenheit gegeben, sich in den folgende Varianten zu verrechnen. Zugegeben, seine Erfolgsaussichten waren gering: 22. ...Td2+ 23.Kc1 Txf2 24. Tf3 Txh2 25. Txf7+ (25. Sxf7 Ke7) 25... .Kg8 26. Tf3 Th1 27. Kc2 Lc7 28. Sg4 Kg7 -+. 22. ...f6 23. Te2 Ke7 24. Lg2 Sd3 25. a3 Sc5 26. h4 h5 27. Te3 g5! Mit dem Vertreiben des Springers f3 bricht die weiße Stellung zusammen. 28. hxg5 fxg5 29. Te2 Sb3 30. Kb1 Kf6 0:1
Die Gefahren und Möglichkeiten von solchen scheinbar unspektakulären positionellen Stellungen auszuloten steht im gesamten Buch im Vordergrund. Daneben gibt es wertvolle allgemeingültige Trainingstipps (insbesondere durchweg Hinweise, wo Computerprogramme keine Orientierung geben!). Am Ende jedes Abschnitts wird auf weitere Modellpartien hingewiesen, die von der Webseite www.joerg-hickl.de/ herunterladbar sind. Die Mischung aus Klassikern und aktuellen Partien (bis 2008!) ist ausgewogen; wer sich bei den Trainingsserien in SM64 gut aufgehoben fühlt, wird auch hier durch eine vergleichbare Dosierung schnell "verleitet", in die Themen einzusteigen oder Auffrischung zu betreiben - ein beispielhaftes, kurzweiliges Lern- und Lese-Buch, ohne Anbiederung. Bravo!
Mit freundlicher Genehmigung
Harald Fietz, Schach Magazin 64 1/2009
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Seit Philidors Postulat, die Bauern seien die Seele vom Spiel, ist die Bedeutung der schwächsten Figur bekannt. Der französische Ausnahmespieler verstand bereits im 18. Jahrhundert, dass die Bauernstruktur maßgeblich das Spielgeschehen bestimmt und ein Verständnis davon unumgänglich für eine richtige Stellungsbeurteilung ist. Allerdings wird dieses Thema bislang meist nur im Rahmen größerer Abhandlungen als Nebenaspekt gewürdigt.
Großmeister Jörg Hickl hat nun gemeinsam mit den Co-Autoren IM Erik Zude und Uwe Schupp diesen Missstand behoben. Die Macht der Bauern stellt die "wertloseste" Figur ins Rampenlicht. Zehn Kapitel widmen sich einzig der Untersuchung grundlegender Bauernstrukturen. Da es natürlich unmöglich ist, im Rahmen eines solchen Buches alle denkbaren Stellungstypen systematisch abzuarbeiten, vertiefen die Autoren lieber die wesentlichen Motive.
Zu Beginn wird das Verhältnis und die Abhängigkeit der Leichtfiguren bzw. Türme zur Bauernstruktur geklärt und gezeigt, welche Formationen Wirkungskraft und Beweglichkeit begünstigen oder einschränken. Im Kapitel "Hängende Bauern" wird stellvertretend für alle anderen das häufig in der Praxis vorkommende c4/d4-Bauernpaar vorgestellt und die typischen Durchbrüche c5 und d5 analysiert. Der Teil über den "Isolani" zeigt den Zentrumsbauern d4 in den drei typischen Situationen - gegen den Bauern e6, den Bauern c7 oder c6, bzw. bei fianchettiertem Läufer - die die Stärken und Schwächen gut illustrieren: Andere Kapitel wie der "Rückständiger Bauer" oder der "Doppelbauer" werden anhand von Eröffnungen dargestellt, für die diese Struktur den Handlungsverlauf bestimmt, wie etwa im Najdorf mit d6/e5 oder der Komplex f7/f6/e6/d6, im Richter Rauser.
Das didaktische Konzept des Buches ist lobenswert. Zunächst werden in jedem Kapitel die Strukturen definiert, die besonderen Merkmale erläutert und schließlich die weißen und schwarzen Pläne gezeigt. Fragen zu Partiestellungen fordern den Leser zur Mitarbeit auf. Darüber hinaus geben die Autoren immer wieder nützliche Tipps für das praktische Spiel und stellen ganz beiläufig die Weltmeister vor.
Ein empfehlenswertes Buch für Vereinsspieler bis Elo 2200.
Mit freundlicher Genehmigung
Harry Schaack, KARL 4/2008
- Das Damengambit24,90 €
- Das d6-Repertoire23,90 €
- Feuer frei!24,90 €