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LOPANTHAD
Author

The Hyper Accelerated Dragon

Extended Second Edition

248 pages, paperback, Thinkers Publishing, 2. edition 2018

€26.95
Incl. Tax, excl. Shipping Cost
Discontinued
Raja Panjwani is a Canadian Grandmaster-elect. He is a former Canadian Junior Champion, and has represented Canada at numerous World Youth and Junior events. Raja is currently a PhD student in Economics at New York University's Stern School of Business and has degrees as well from Oxford and Yale.
In this book Raja presents the Hyper Accelerated Dragon. He demonstrates from the second move a dynamic way to fight 1.e4. He covers all of white´s main variations and sidelines and even the most critical "Maroczy bind" gets a new treatment. Raja's book is recommended for all players that are eager to enter the critical lines.
Appraisal for the first edition:
"This is easily my favourite opening book that I've read in recent times" - IM Kevin Goh Wei Ming, Chess.com.
"Excellent content; could be Book of the Year" - John Upper, Chess Canada.
More Information
EAN 9789492510341
Weight 470 g
Manufacturer Thinkers Publishing
Width 17 cm
Height 23.5 cm
Medium Book
Year of Publication 2018
Author Raja Panjwani
Language English
Edition 2
ISBN-13 9789492510341
Pages 248
Binding paperback
005 KEY TO SYMBOLS
007 INTRODUCTION
015 CHAPTER 1. CLASSICAL VARIATION (Be2)
029 CHAPTER 2. 7.Bc4: ANTI-YUGOSLAV VARIATION
057 CHAPTER 3. 7.Bc4: MY SYSTEM
089 CHAPTER 4. MAROCZY BIND: BREYER VARIATION
131 CHAPTER 5. MAROCZY BIND: MAIN LINE
177 CHAPTER 6. 4.Qxd4 VARIATION
189 CHAPTER 7. ANTI-SICILIANS: ALAPIN AND MORRA
225 AFTERWORD
Rezensionen der 1. Auflage:

Besonders spannend finde ich immer neue Autoren. Zum einen muss man sich dann nicht mit seinen Vorurteilen herumschlagen, aber zum anderen und vor allem beschäftigt sich der „neue Autor” meistens mit Eröffnungssystemen, die ihm wirklich am Herzen liegen und/oder die er aus seiner eigenen Praxis gut kennt. Ich muss zugeben, dass mir Raja Panjwani vor der Lektüre seines Buches kein Begriff war.
Dem Klappentext entnehme ich, dass er anscheinend als IM mit einer GM-Norm und Absolvent von Oxford und Yale ein bemerkenswerter junger Mann ist. Außerdem hat er sich die Mühe einer ausführlichen Einführung gemacht - für den Leser immer eine gute Möglichkeit, sich von vorneherein ein Bild von dem zu machen, was von dem Werk vermutlich zu erwarten sein dürfte. In diesem Buch geht es nun also eigentlich um die beschleunigte Drachenvariante im Sizilianer (üblicherweise erreicht über 1.e4 c5 2.Sf3 Sc6 3.d4 cxd4 4.Sxd4 g6), aber Panjwani wählte die „hyperbeschleunigte” Zugfolge (1.e4 c5 2.Sf3 g6), die aber letztendlich, von wenigen frühen Abweichungen abgesehen, in die genannte Variante einmündet. Ihr Hauptziel besteht darin, die Rossolimo-Variante zu vermeiden, die in der Standard Zugfolge
mit 1.e4 c5 2.Sf3 Sc6 3.Lb5 möglich wäre. In seiner erwähnten ausführlichen Einführung erzählt der Autor über seine persönliche Beziehung zu dieser Eröffnung und warum er sie für so gut hält. Er beschreibt das mit großer Begeisterung und Überzeugungskraft (allein dieser Teil ist absolut lesenswert), aber unter dem Strich geht es natürlich darum, ob das von ihm bearbeitete Material diesem Anspruch auch standhält. Positiv aufgefallen ist mir der Ansatz des Autors, detaillierte Varianten (auf die man heute nun einmal nicht verzichten kann) mit ausformulierten Erläuterungen der Strategien und Pläne zu ergänzen; manchmal kommt auch noch ein kurzer Ausflug in die Geschichte hinzu. Gut, zugegeben, oft wird der Autor von der schieren Variantenmasse mitgerissen, und dann kommen die Erläuterungen hier und da mal ein bisschen zu kurz, aber alles in allem finde ich die Mischung sehr gut.
Unbedingt zu beachten ist dabei aber auch, dass hier ein Experte für eine anspruchsvolle Leserschaft schreibt. Man sollte schon einiges an Wissen über die Eröffnung mitbringen, um das Buch maximal nutzen zu können. Es ist sicherlich kein „Easy Guide to…” oder „Eröffnung xy leicht gemacht”. Was bei Büchern von Thinkers Publishing häufiger auffällt trifft auch hier zu: Das Layout ist etwas unübersichtlich, und gerade wenn die Variantendichte steigt, muss man schon sehr aufmerksam sein, um nicht den Faden (sprich: die Variante, in der man sich gerade befindet) zu verlieren. Das ist zwar nicht direkt dem Autor anzulasten, aber es ist nun einmal ein Teil des Buches. Es wäre schön, wenn der Verlag das ein bisschen leserfreundlicher gestalten könnte.
Soweit der allgemeine Überblick. In den meisten Fällen, wie auch hier, interessiert mich aber auch die eine oder andere konkrete Stichprobe. In diesem Fall habe ich mich für die Variante entschieden, mit der Weiß den Übergang in die Jugoslawische Variante anbietet und das Maroczy-System mit c2-c4 vermeidet (1.e4 c5 2.Sf3 g6 3.d4 cxd4 4.Sxd4 Sc6 5.Sc3 Lg7 6.Le3 Sf6 7.Lc4). Der Grund ist in erster Linie, dass ich die Beobachtung gemacht habe, dass die meisten Verfasser von Büchern über den beschleunigten Drachen den Maroczy-Angriff und wie man als Schwarzer dagegen spielen soll, sehr gut verstehen, während das für die Variante mit der schnellen Figurenentwicklung nicht immer im selben Maße gilt. Außerdem ist es ja sowieso eine der Hauptvarianten. Nun, er bietet 2 Systeme zur Auswahl an, was auf jeden Fall schon einmal eine gute Nachricht für den Leser ist - zum einen das solide positionelle 7…Da5 und zum anderen gewissermaßen seine eigene Variante, die nur selten gespielt wird, die Panjwani aber mit großer Begeisterung vorstellt: 7…0-0 8.Lb3 a6!?. Bevor wir zu konkreten Varianten kommen, muss ich an dieser Stelle schon einmal loswerden, dass mich dieses Konzept gerade
in der heutigen Zeit sehr begeistert: Statt immer wieder die sattsam bekannte Varianten durchzukauen, schlägt er originelle, eigenständige Ideen vor. Bravo! Dass vielleicht noch der eine oder andere Stolperstein aus dem Weg geräumt werden muss, sollte man eher als selbstverständlich und nicht als Kritik sehen, aber mehr dazu gleich. Das System mit 7…Da5 hat den Vorteil großer Solidität, aber damit verbunden ist oft (wie m. E. auch hier) eine gewisse Passivität. Ich finde, dem Autor ist es gut gelungen zu zeigen, wie man als Schwarzer diese Passivität überwindet und aus der Solidität heraus gutes Spiel bekommt. Es gibt allerdings eine Variante, die mich weniger überzeugt hat: 7…Da5 8.0-0 0-0 9.Lb3 d6 10.h3 Ld7 11.Te1 Tfc8 12.f4 Sh5 13.Sde2 Dd8 14.Dd2 Sa5 15.Tad1 Le8, und hier kommt Panjwani nach ca. 10 weiteren Zügen zu schwarzem Ausgleich, beginnend mit 16.f5 Sxb3 17.cxb3 (kommt nicht das einfachere 17.axb3, mit zumindest leichtem weißem Vorteil, auch in Frage?) 17…Lc6 18.Ld4 (18.Sd4!?) 18…Sf6 19.Sf4 Df8. Folgt man den weiteren Analysen des Autors, dann ringt Schwarz dem Weißen nach und nach etwas aus der Hand, was man meiner Meinung nach einen leichten Vorteil nennen darf. Die ganze Folge ab dem 11. Zug sieht etwas künstlich aus und führt folgerichtig zu einer nicht ganz einfachen Stellung für Schwarz, mit der der Autor aber offenbar zufrieden ist. Das ist sicher einer der Punkte, an denen der Leser prüfen kann, ob er mit dem Verfasser konform geht. Sehr interessant ist das „eigene” System des Autors: 7…0-0 8.Lb3 a6!?, mit dem Schwarz
das Ziel verfolgt, das eigentlich systemuntypische e7-e6 zu ziehen, um dann d7-d5 in einem einzigen Zug durchzusetzen. Das ist ein sehr ehrgeiziger Plan, bei dem sich die Frage stellt, ob der Schwarze sein Blatt überreizt. Panjwani ist aber von dem Plan überzeugt, und er gibt hierzu interessante Varianten aus eigener Analyse und Praxis an. Als Denkanstoß möchte ich hier nur seine Hauptvariante ansprechen: 9.f3 Dc7 10.Dd2 b5 11.0-0-0 Lb7 12.h4 h5 („!N”, Panjwani) 13.g4 e6 („!”, Panjwani) 14.Kb1 Tfd8. Hier schreibt der Autor, man befinde sich auf unerforschtem Gebiet und er könne nur raten, was der Weiße wohl versuchen werde. Alsdann analysiert er ausgiebig die Züge 15.Lh6, 15.Lf4 und 15.g5 (Hauptvariante) und gibt dem Leser damit eine bemerkens- und lobenswerte Menge Eigenarbeit mit auf den Weg. Dabei kommt er (natürlich) immer zu gutem Spiel für Schwarz. Als Denkanstoß möchte ich an dieser Stelle nur fragen: Ist es nicht am naheliegendsten, dass der Weiße so schnell wie möglich Linien öffnen will? Und drängt sich hierfür nicht 15.gxh5 geradezu auf? Und kommen nicht alternativ sogar Züge wie 15.Thg1 oder 15.Tdg1 eher in Frage als die vom Autor untersuchten? Bevor ich dieses System in der Praxis anwende, hätte ich schon gerne Antworten auf diese Fragen, aber bei einem so jungen System liegt es auch in der Natur der Sache, dass es Rückschläge gibt. Insgesamt hat mich dieses Erstlingswerk sehr angesprochen. Der Autor bringt viel Begeisterung und Kompetenz mit, die er auch gut vermitteln kann - gewissermaßen einen frischen Wind, der der Eröffnungsliteratur nur gut tun kann. Raja Panjwani extrahiert nicht nur routiniert Datenbankinhalte, wie man es von manch anderem Autor kennt, sondern er leistet viel kreative Eigenarbeit und vermittelt auch gut, wo und warum man die Enginebewertungen nicht überbewerten sollte. Dennoch habe ich in meinen Stichproben auch Abspiele gefunden, in denen ich Zweifel an der Einschätzung des Verfassers habe. Das ist bei
so viel Eigenarbeit wohl auch kaum zu vermeiden, aber ich möchte doch meinen häufig geäußerten Warnhinweis loswerden: Als Leser immer auch selber analysieren und nicht alles dem Autor glauben, auch wenn er insgesamt gute Arbeit leistet! In diesem Sinne wird das Buch sicherlich die Theorie des beschleunigten Drachen voranbringen und seinen wohlverdienten Leserkreis finden.

Klaus Kögler
November 2017




"The Hyper Accelerated Dragon" aus der Feder des kanadischen IM Raja Panjwani, Neuerscheinung 2017 bei Thinkers Publishing, zählt zu jenen Büchern, die ich zur Vorbereitung meiner Rezension nicht am Stück in einem zusammenhängenden Zeitraum durchgehen konnte. Ich habe es mindestens ein halbes Dutzend Male in die Hand genommen, Feststellungen getroffenen und Bewertungen notiert und es dann wieder beiseitegelegt, um meine Arbeit später fortzusetzen. Der Grund hierfür liegt darin, dass mir zu mehreren Aspekten eine Einschätzung schlicht schwergefallen ist. Selbst nach dem nunmehr erreichten Abschluss meiner Arbeit bin ich mir nicht in allen Punkten schlüssig. Soweit dies der Fall ist, zeige ich dies dann entsprechend auf.

Die "Beschleunigte Drachenvariante" der Sizilianischen Verteidigung ist gegenüber der Normalvariante dadurch gekennzeichnet, dass Schwarz vor dem Fianchetto seines Königsläufers auf d7-d6 verzichtet. Die "Hyperbeschleunigte Drachenvariante", wenn ich mal den von Panjwani im Buchtitel verwendeten Namen eins zu eins ins Deutsche übernehmen darf, zieht g7-g6 ganz nach vorne, nämlich bereits in den zweiten Zug von Schwarz.
Oftmals sorgt dieses Vorziehen mehr oder weniger nur für eine Zugumstellung, doch muss dies nicht so sein. Zwei Folgen sind unmittelbar mit dieser Abweichung verbunden. Einerseits wird ein weißes 3.Lb5 vermieden, vor allem also der Rossolimo-Angriff. Demgegenüber wird nach 3.d4 cxd4 das Zurückschlagen mit der Dame mittels 4.Dxd4 mit Angriff auf den Th8 möglich. Folgerichtig und wie man es auch erwarten muss nimmt Panjwani die sich damit ergebenden Möglichkeiten ins Visier und widmet ihnen ein eigenes Kapitel.
"The Hyper Accelerated Dragon" umfasst insgesamt sieben Kapitel, das Inhaltsverzeichnis hat in einer deutschen Übersetzung das folgende Aussehen:

Kapitel 1: Klassische Variante (Le2)
Kapitel 2: 7.Lc4: Anti-Jugoslawischer Angriff
Kapitel 3: 7.Lc4: Mein System
Kapitel 4: Maroczy-Aufbau: Breyer-Variante
Kapitel 5: Maroczy-Aufbau: Hauptvariante
Kapitel 6: Variante mit 4.Dxd4
Kapitel 7: Anti-Sizilianer Alapin-Variante und Morra-Gambit.

Panjwani stellt heraus, dass sein Werk nicht unter den Ansprüchen an eine Monographie geschrieben worden ist und es auch kein Repertoirebuch im üblichen Sinn sein soll. Es ist ein Buch über SEIN Repertoire. Mehr als in anderen Büchern dieses Genres haben damit persönliche, subjektive Aspekte Einfluss auf die Auswahl der schwarzen Zugmöglichkeiten gefunden. Dieser Anspruch wird besonders über das dritte Kapitel deutlich, das übersetzt den anspruchsvollen Titel "7.Lc4: Mein System" trägt. Aus einer Selbsterkenntnis heraus, dass ihm nach 1.e4 c5 2.Sf3 g6 3.d4 cxd4 4.Sxd4 Sc6 5.Sc3 Lg7 6.Le3 Sf6 7.Lc4 (ECO B35) ein gutes Vorgehen fehlte, entwickelte er die Idee, Manöver aus der Taimanov-Variante, die ebenfalls zu seinem Repertoire als Spieler zählt, in die beschleunigte Drachenvariante zu übertragen. Seine zentrale Idee ist dabei der Bauernzug e7-e6, der eventuell gegen Lc4 gestellt werden soll. Es sei erwähnt, dass zu diesem Zeitpunkt seiner Betrachtung das Spiel in herkömmliche Bahnen der beschleunigten Drachenvariante übergegangen ist, aus einem "hyper-beschleunigten" Vorgehen resultierende Besonderheiten somit keine Rolle mehr spielen. Sein als "Mein System" vorgestelltes Vorgehen gibt er dem Leser als Alternative zu 7…Da5 an die Hand, das Gegenstand des zweiten Kapitels ist. Panjwani erhebt den Anspruch, mit seinem Aufbauplan ein komplett neues System erfunden zu haben, erklärt aber zugleich, dass es zweifellos nicht komplett ist und weiterer Betrachtungen bedarf.

Ich vermag nicht einzuschätzen, inwieweit Panjwanis strategische Ansätze objektiv erfolgversprechend sind. Sie sind aber logisch und nachvollziehbar und in seiner Hand am Brett erfolgreich. Sie sind Neuland und damit gut geeignet, den Gegner in ein für ihn unbekanntes Terrain zu führen. Ich habe mal meine Partiendatenbanken durchforstet und gesucht, was mir an praktischem Material vorliegt. Für Panjwanis Hauptvariante 7.Lc4 0-0 8.Lb3 a6 9.0-0 Dc7 10.f4 d6 11.h3 Sa5 12.Dd3 b5 13.Sd5 Sxd5 14.Lxd5 Lb7 15.b3 e6 endet dies bei einer bescheidenen Einzelpartie.
Mit seinem 15. Zug hat Schwarz den strategischen Plan umgesetzt - e7-e6 als Antwort auf Lc4, …a6, …Dc7, …b5, …Sa5. In der betrachteten Variante nicht, aber grundsätzlich setzt er zudem auf ein spätes Manöver Sf6-e8-d6.

Nach den beiden Kapiteln 4 und 5, die sich dem Maroczy-Aufbau (c2-c4) widmen, befasst sich Kapitel 6 mit 4.Dxd4, das aufgrund der "Hyper-Beschleunigung" mit Angriff auf den Th8 möglich wird. Für mich ist das, was aus dieser Besonderheit folgt, theoretisches Neuland. Panjwani bleibt keine Antworten auf weiße Schlüsselzüge schuldig. Ob diese aber die Feststellung erlauben, dass Schwarz bei einem korrekten weißen Spiel immer in zumindest die Nähe des Ausgleichs kommen kann, muss ich selbst als Antwort schuldig bleiben. Diese Frage lässt sich zur Verwendung in einer Rezension nicht abschließend mit einem angemessenen Aufwand klären.

Panjwani setzt sowohl ausgeprägt auf Texterläuterungen als auch auf reichlich Varianten. Für mich persönlich nehme ich das Ergebnis als eine gesunde Mischung wahr, die den Leser Panjwanis Gedanken und Auffassungen gut nachvollziehen lässt und konkrete Folgen sichtbar macht. Varianten können sich auch schon mal über viele Züge hinziehen, so dass sie fortschreitend Beispielcharakter erlangen und so einen Veranschaulichungswert entwickeln.

Ich sehe von diesem Werk besonders den Klubspieler angesprochen, der neben einem besonderen und praxiserprobten Repertoire auch noch die Möglichkeit erhält, seinem Gegner vom zweiten Zug an etwas Neues vor die Nase zu setzen. Daneben sehe ich aber auch keinen Grund, dass der für Neues offene Klassespieler seine Aufmerksamkeit Ranjwanis Ideen versagen sollte. Der Fernschachspieler, der sich der beschleunigten Drachenvariante allgemein bedient, sollte vorab besonders prüfen, inwieweit er mit den Folgen der "Hyper-Beschleunigung" zurechtkommen könnte.

Panjwani meint, dass Computer häufig, wenn sie im Bereich seines Repertoires herangezogen werden, Weiß einen leichten Vorteil einräumen. Er sieht eine Parallele etwa zur Königsindischen Verteidigung, die von den Engines ebenfalls hinsichtlich der schwarzen Chancen regelmäßig unterbewertet wird. Es entzieht sich meiner Einschätzung, ob ihm hier zuzustimmen ist.

Leider fehlt ein Variantenverzeichnis, das der Orientierung im Stoff gutgetan hätte.
Die Anforderungen an die Fremdsprachkenntnisse des Lesers sind mit einem ordentlichen Schulenglisch zu stemmen.

Fazit: "The Hyper Accelerated Dragon" stellt dem Leser ein persönliches Repertoire des Autors zur Verfügung, das dieser teilweise nicht nur zusammengestellt, sondern theoretisch selbst herausgearbeitet hat. Es fußt als Besonderheit auf dem frühen Zug g7-g6 in der Sizilianischen Verteidigung. In Teilen zeigt es einen durchaus als experimentell zu beschreibenden Charakter, in Teilen greift es auf theoretisch Bekanntes und Erprobtes zurück.
Nicht zuletzt auch wegen etlicher neuartiger Ideen und unabhängig davon, dass es nicht in allen Punkten mit einem klaren Rezensionsurteil gerecht behandelt würde, verdient das Werk eine deutliche Empfehlung.

Uwe Bekemann
www.BdF-Fernschachbund.de
November 2017




Die Familie des Drachen besteht in der Schachwelt aus drei Mitgliedern. Da haben wir zuerst den normalen Drachen, der nach den Zügen 1.e4 c5 2.Sf3 d6 3.d4 cxd4 4.Sxd4 Sf6 5.Sc3 g6 entsteht. Nach dem kritischen 6.Le3 Lg7 7.f3 0-0 8.Dd2 Sc6 9.0-0-0 d5 entsteht eine scharfe Stellung, die als etwas besser für Weiß gilt. Der zweite im Bunde ist der beschleunigte Drache nach den Zügen 1.e4 c5 2.Sf3 Sc6 3.d4 cxd4 4.Sxd4 g6. Sein Vorteil ist, dass die oben genannte Variante nach 5.Sc3 Lg7 6.Le3 Sf6 7.f3 0-0 8.Dd2 nicht mehr so gut funktioniert, da Schwarz jetzt in einem Zug zu d5 kommt und somit ein Tempo gewinnt, was zu leichten Vorteilen für ihn führt. Allerdings ist nach 1.e4 c5 2.Sf3 Sc6 3.Lb5 störend. Die sogenannte Rossolimovariante genießt einen sehr guten Ruf und ist für Schwarz im Gewinnsinne ein ziemliches Problem. Da kommt dann der hyperbeschleunigte Drache zum Zuge, der nach 1.e4 c5 2.Sf3 einfach direkt g6 folgen lässt. Natürlich gibt es hier auch neue Möglichkeiten für Weiß, die aber stets dynamischeres Potential als Rossolimo versprechen.

Dies ist auch die Argumentation vom kanadischen IM Raja Panjwani, der mit "The Hyper Accelerated Dragon" seiner Lieblingsvariante im Thinkers Publishing Verlag ein Buch gewidmet hat.

Seine Einstellung bei dieser Arbeit gefällt mir ausgezeichnet. Statt einfach das zu aktualisieren, was andere Autoren vor ihm zu dem Thema geschrieben haben, sucht er neue Wege und möchte etwas eigenes schaffen. Dies gelingt ihm sehr gut.

Da er die oben genannte Argumentation mit mir teilt und nur die Rossolimoquetsche vermeiden möchte, geht er nach den obigen Zügen und 3.d4 cxd4 4.Sxd4 Lg7 nebst Sc6 direkt in den beschleunigten Drachen über, behandelt aber auch Abweichungen wie 4.Dxd4, was nur im hyperbeschleunigten Drachen möglich ist, aber auch 3.c3, womit Schwarz in einer Alapinvariante mit frühem g6 landet, oder 4.c3, was in das Morra Gambit übergeht. Alle drei sind aber nicht sonderlich kritisch. Vielmehr erhält man so auch noch Anregungen für Systeme außerhalb des offenen Sizilianers, die aber ansonsten nicht Bestandteil seines Buches sind.

Vorrangig geht es um den offenen Sizilianer und hier gibt es in den beiden kritischen Varianten sogar jeweils zwei Gegengifte zur Auswahl, die ich genauer benennen möchte.

Da haben wir erst einmal den sogenannten Jugoslawischen Angriff, der oben gegen die Drachenvariante skizziert wurde. Da die moderne Variante nicht funktioniert, geht es nach den obigen Startzügen mit 5.Sc3 Sc6 6.Le3 Sf6 7.Lc4 klassisch weiter. Weiß deckt d5 ab, um den Vorstoß zu erschweren und nach 0-0 8.Lb3 d6 9.f3 wäre man wieder im normalen Drachen. Das ist aber alles relativ ausgenudelt und der Autor empfiehlt stattdessen einerseits das solide 7. ...Da5, wonach 8.Dd2 wegen Sxe4 einen Bauern verliert, und stattdessen mit 8. 0-0 eine ruhigere Stellung anstreben muss, aber aber das sehr zweischneidige 7. ...0-0 8.Lb3 a6. Hier plant Schwarz nach Dc7 einen Bauernsturm mit b5. Die Stellungen sind, wenn Weiß sich auf die lange Rochade einlässt, haarscharf und werden mit vielen eigenen Analysen untermauert, da es kaum Partienmaterial dazu gibt.

Die zweite Variante, die man mit Schwarz gut beherrschen sollte, ist der Maroczyaufbau. Statt 5.Sc3 spielt Weiß 5.c4 und baut auf Raumvorteil. Nach 5. ...Sc6 6.Le3 Sf6 7.Sc3 muss Schwarz schauen, dass er sich gegen den weißen Raumvorteil gut entlastet, da ihm ansonsten eine trostlose Partie bevorsteht, in der er auch schnell mal an Raummangel eingehen kann. Die Buchempfehlungen sind hier etwas konservativer. Im Breyersystem tauscht Schwarz mit 7. ...Sg4 8.Dxg4 Sxd4 9.Dd1 ein Springerpaar ab. Der Hauptzug ist jetzt Se6, aber der Autor hat hier einige Eigenarbeit in 9. ...e5 gesteckt und hat damit auch schon Großmeister geschlagen. Zwar muss Schwarz häufiger mal den e-Bauern opfern, bekommt aber aktive Möglichkeiten, die das kompensieren.

Wenn einem das nicht gefällt, kann sich auf die zweite Empfehlung verlassen. In der Hauptvariante des Maroczyaufbaus baut sich Schwarz mit 7. ...0-0 8.Le2 d6 9.0-0 Ld7 10.Dd2 erst einmal behäbig auf und entlastet sich dann mit Sxd4 11.Lxd4 Lc6 und baldigem Sd7. Vorher wird mit a5 noch der weiße Damenflügel blockiert. Die schwarze Hoffnung ist ein Spiel auf den schwarzen Feldern und hat sich in der Praxis durchaus bewährt.

Die Analysen bieten immer wieder originelle neue Wege für Schwarz und sind sehr inspirierend.

Sehr schade finde ich aber, dass das Buch alleine nur für Leute geschrieben wurde, die bereits mit den Feinheiten des hyperbeschleunigten oder beschleunigten Drachen vertraut sind.

Für Neulinge fehlen vor allem viele Fallen und für Weiß ungünstige Variante. So wird zum Beispiel zwar erwähnt, dass der moderne Jugoslawische Aufbau gegen den beschleunigten Drachen nicht gut funktioniert, wird aber mit keiner Variante behandelt. Auch andere weiße Ungenauigkeiten werden bereits als Vorwissen vorausgesetzt.
Das Buch ist zudem sehr variantenlastig. Zwar gibt es hier und da auch immer hilfreiche Hinweise zu möglichen Plänen, aber der Autor hat viel mitzuteilen und versinkt manchmal fast in neuen Varianten und Ideen. Das macht das Buch zu einem tollen Sammelsurium für neue Ideen, erfordert aber auch eine gewisse Spielstärke des Lesers, um alle Feinheiten ohne Worte zu verstehen. Den unterhaltsamen Weg seiner Kapiteleinleitungen und seine kritischen Worte zu Computerempfehlungen, die von ihm auch immer wieder durch tiefere Analysen ad absurdum geführt werden, hätte man in meinen Augen durchaus noch ausbauen können.

So bleibt ein sehr starkes Buch, das aber vorrangig für Leute geeignet ist, die schon einige Erfahrungen in den Drachenvarianten im Sizilianer gesammelt haben. Diesen kann ich das Buch aber sehr empfehlen!

IM Dirk Schuh
Juni 2017
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